Rückblick auf 2 Monate am Ende der Welt

 Wir haben es geschafft: wir haben Patagonien umrundet, haben seit Colonia del Sacramento bzw. Buenos Aires 3.424 sm, das sind 6.379 km, zurückgelegt. Wir haben Cape Hoorn „gemacht“, den Mount Everest der Segler.

vor Kap Hoorn

vor Kap Hoorn

Seit Puerto Williams, wo unsere Kanaltour erst so richtig los ging, haben wir 1.340 sm (knapp 2.500 km) hinter uns gebracht, und das fast alles unter Motor. Segeln war Fehlanzeige. Entweder kam der Wind genau von vorne oder war gar nicht vorhanden. Wenn er zu stark war, was in diesen Breitengraden öfter schon mal vorkommt, haben wir uns in eine Bucht verpieselt und am Anker, manchmal auch noch zusätzlich mit Landleinen gesichert, eine Wetterbesserung abgewartet. Aber das wussten wir natürlich vorher schon. Nicht umsonst hatten wir unsere Dieseltanks bis zum Rand voll gemacht und noch zusätzlich 3 Kanister à 20 l mitgenommen. Schließlich brauchten wir auch Diesel für unsere Heizung. Trotzdem hatten wir in Puerto Edén sicherheitshalber noch einmal 400 l nachgebunkert.

Im Beagle-Kanal

Im Beagle-Kanal

Diese Etappe war für uns auch gleichzeitig schon einmal die Generalprobe in Sachen Lebensmittel bunkern für die Pazifiküberquerung, die Ende des Jahres geplant ist und wo wir wohl ca. 6 Wochen nur Wasser sehen werden ohne die Möglichkeit, Proviant nachzukaufen. Die Planung hat gepasst, wir haben keinen Mangel gelitten und konnten ohne Einschränkungen unseren Koch- und Essensgelüsten frönen.

in den Kanälen

auf dem Weg zum Kap Hoorn

.

In Puerto Williams haben wir viele unwahrscheinlich nette Leute kennengelernt, die schon seit Jahren in diesen Gewässern unterwegs sind und die mit ihren Erfahrungen und Tipps nicht hinter dem Berg gehalten haben. Sie haben uns viele wertvolle Hinweise und Ratschläge gegeben. Besonders zu erwähnen ist hier Oswaldo, der mit seiner „Polarwind“ seit Jahren hier mit Chartergästen fährt und sich die Zeit genommen hat, um uns bei einem Kaffee in der „Patagonien-Bibel“ die schönsten Ankerplätze auf dem Weg nach Norden zu zeigen.

Die Polarwind mit Oswaldo und Crew

Die Polarwind mit Oswaldo und Crew

Rückblickend möchten wir diese Tour trotz Kälte, Regen, Wind, Nebel, teilweise schlechter Seekarten usw. nicht missen. Es war ein Erlebnis der Sonderklasse. Jede Etappe hatte ihre Highlights. Hinter jeder Kanalbiegung ein neues Aha-Erlebnis. Wir haben versucht, vieles auf Fotos festzuhalten, aber das Original ist einfach unschlagbar. Die Bilder haben sind in unserem Gedächtnis festgesetzt und können jederzeit wieder hervor gekramt werden. Es ist unglaublich, man fährt zwischen teilweise 800 m hohen Bergen hindurch, der Kanal ist ca. ½ bis 1 sm breit und trotzdem ist es dort bis zu 2.000 m tief! Und dann das einmalige Erlebnis, mit dem Schiff zwischen Eisschollen bis dicht vor den Gletscher zu fahren! Da I-Tüpfelchen hierbei war die Begleitung von mehreren Delfinen, die uns bis ins Eis gefolgt bzw. vor uns her und um uns herum getobt sind.

unsere ständigen Begleiter

unsere ständigen Begleiter

Was uns auf der ganzen Strecke ein Rätsel geblieben ist, sind die Gezeitenströme. In den schlauen Büchern steht die Fließrichtung bei Flut, aber das stimmte in den wenigsten Fällen. Wie oft sind wir in der Gewissheit morgens losgefahren, der Tidenstrom läuft mit uns und schiebt, und was war? Pustekuchen! Wir hatten bis zu 2 kn gegenan. An anderen Tagen hatten wir uns darauf eingestellt, dass zumindest die Hälfte der Zeit der Strom auf die Nase läuft und siehe da: wir hatten manchmal über 8 Std. und mehr mitlaufenden Strom, der uns ab und zu sogar mit bis zu 4 kn vorwärts brachte. Da waren wir froh, dass wir den nicht von vorne hatten! Wie gesagt, alle Tidentabellen und alle Hinweise in den Büchern stimmen nach unseren Erfahrungen in den seltensten Fällen. Im Golf von Ancud das nächste Rätsel: Der Tidenhub beträgt hier bei Spring (hatten wir gerade) ca. 5 m, aber von Tidenstrom nichts zu merken. Woher kommt dann das viele Wasser? Von unten? Eigentlich müsste der Gezeitenstrom erheblich sein, vor allen Dingen in den Engstellen. Aber es war nichts davon zu merken. Rätsel über Rätsel, aber die zu ergründen haben wir keine Lust. Wir nehmen es einfach hin.

Im Eis

Im Eis

Unterwegs ist man uns immer freundlich und vor allen Dingen unwahrscheinlich hilfsbereit entgegen gekommen. Bei den Stationen der Armada, den Leuchtturmwärtern usw. wurden wir auf Nachfrage über UKW immer mit dem neuesten Wetterbericht versorgt.

traumhafte Inselwelt

traumhafte Inselwelt

Die letzte Etappe zur Insel Chiloé und weiter bis Puerto Montt hat uns dann so langsam wieder der Zivilisation näher gebracht. In der Marina Quinched wurden wir von William wärmstens empfangen. Wir durften uns wie zu Hause fühlen und seinen Obstgarten (Apfelbäume) plündern, was wir auch ausgiebig gemacht und uns mit Apfelgelee und Apfelmus versorgt haben. Nochmal danke hierfür!

die Natur ist einfach grandios

die Natur ist einfach grandios

Nun liegen wir in der Marina Reloncavi in Puerto Montt und gewöhnen uns so langsam wieder an das Stadtleben. Das ist gar nicht so einfach nach 2 Monaten in der Wildnis! Der Autoverkehr und die vielen Leute auf den Straßen erschrecken im ersten Moment.

da packt einem die Sehnsucht..

da packt einen die Sehnsucht..

 

Dieser Beitrag wurde unter Chile veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten auf Rückblick auf 2 Monate am Ende der Welt