Rückblick auf 4 anstrengende Wochen

Die letzten 4 Wochen waren tatsächlich enorm anstrengend. Seit wir am 28. Dezember Quequén verlassen haben, haben wir teilweise frustrierende Motorstunden hinter uns gebracht, die uns wegen der starken Tidenströmung teilweise nur wenige Meilen vorwärts brachten, dann wieder Starkwind, auch mal urplötzlich ohne Vorwarnung – oder wir haben die Zeichen nicht erkannt, denn der Umschwung ging meist mit unvorhergesehener Flaute und einem schnellem Winddreher einher – , dann wieder Wind von vorne, der uns zwang, entweder beizudrehen oder gegenan zu motoren. Die berüchtigten Roaring Forties forderten viel Geduld. Aber dann kamen die Screaming Fifties! Tagelang Windstärken von 8 Bf mit Böen von 45 Knoten und mehr, Wellenhöhen von 4-6 m, Temperaturen von maximal 10 Grad, Regen, Graupelschauer, auch mal Sonnenschein zwischendurch. Schlafmangel tat sein Übriges dazu – wer kann schon schlafen, wenn der Kahn Bocksprünge macht und man sich in der Koje an der Matratze festklammern muss, um nicht hin und her geschleudert zu werden?

Trotzdem eine unglaublich Erfahrung! Tagelanges Starkwindsegeln fordern ihren Tribut vor allem vom Mensch. Das Material hält Unglaubliches aus. Die Masten, die Stagen, die Segel und alle Systeme an Bord sind extrem am Limit. Und alles hält und nichts geht kaputt. Wir möchten beide das nicht missen und sind froh und dankbar, dieses erlebt zu haben und mit heiler Haut davon gekommen zu sein.

Die paar Nächte, die wir dann doch vor Anker liegen konnten (oder mussten, weil wir uns auch mal vor dem Starkwind verstecken konnten), haben wir quasi im Koma gelegen, um den versäumten Schlaf nachzuholen.

Beim Anker auf gehen auf Staten Island kam dann auch endlich die in Brasilien gekaufte Machete erstmals zum Einsatz. Zusammen mit dem Anker kam ungefähr eine halbe Tonne Kelp mit hoch, das Rainer dann mühsam mit der Machete abhacken musste, damit der Anker in seine Halterung passte. Die Blätter sind teilweise 1 m lang und die Stengel daumendick. Das Zeug ist zäh, das ist unglaublich. Es wächst am Grund und ist an manchen Stellen mehr als 20 lang. Die große Angst ist immer, das nicht in die Schraube zu bekommen. Wenn sich das einmal da drum gewickelt hat, ist Tauchen angesagt, bei 8 Grad Wassertemperatur nicht gerade die große Freude.

Kelp um die Ankerkette

Kelp um die Ankerkette

Die vorletzte Etappe von Staten Island zum Beagle-Kanal hat uns dann noch gelehrt, dass auch erfahrene Nordsee-Fahrer dazulernen können. Mit einem Tidenstrom von 5 Knoten hatten wir nicht gerechnet. Wir hatten uns so schön ausgerechnet, dass wir mit ablaufendem Wasser die Le-Maire-Strasse in Nu passieren konnten. Weit gefehlt! Der Strom hat uns so stark nach Süden versetzt, dass wir schon befürchteten, in die Antarktis gespült zu werden 😉 Trotz 9 Knoten Fahrt über Grund war die Höhe einfach nicht zu halten. Wir mussten trotz – oder gerade wegen – der Geschwindigkeit die Maschine zu Hilfe nehmen, um halbwegs Kurs halten zu können. Dann endlich im Beagle-Kanal Entspannung! Mit halbem Wind ging es stetig Richtung Ushuaia, unserem Ziel. Hier liegen wir jetzt am Steg vom Club AFASyN mit Strom und Wasser und haben auch schon einige Boote wieder getroffen, die wir schon von Uruguay und Buenos Aires kennen. Wie heißt es so schön: „Wir segeln alle auf dem gleichen Wasser.“
Nächste Etappe in ca. 10 Tagen: Kap Horn! Das ist einfach ein MUSS, wenn man schon mal hier ist.
Zurückgelegte Strecke seit Colonia/Uruguay: 1.860 Seemeilen (mal eben ca. 3.500 km)

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